Stadtwohnen. Immobilien. Zurück in die Stadt!
Die Renaissance der Stadt
Dass die Sommers keine Ausnahme sind, bestätigt Hasso Brühl. Der Sozialwirt ist Autor der difu-Studie, die das Deutsche Institut für Urbanistik (difu) bereits im Jahr 2005 veröffentlicht hatte. Seine Studie unterstreicht den wachsenden Trend zum Stadtwohnen. "In den 60ern waren die Menschen voller Anerkennung, wenn jemand einen Bungalow in einer Siedlung besaß", erklärt Brühl. Wer sich diesen leisten konnte, hatte es geschafft. "Heute bewundern wir die Menschen mit großen Wohnungen in der Innenstadt", fügt er hinzu.
Weg von der langweiligen Monotonie ländlicher Gegenden, hin zur bunten Vielfalt städtischer Räume lautet die Devise. In den Gründerzeitvierteln zieht hinter liebevoll restaurierten historischen Fassaden - in Mitten geschichtsträchtiger Straßen, romantischer Winkel und einladender Plätze - wieder Leben ein. Stilvolle Wohnungen und moderne Stadthäuser machen dem Einfamilienhaus auf der grünen Wiese - jahrelang der Wohntraum der Deutschen - ernsthafte Konkurrenz. Die Stadt als Zentrum kulturellen, sozialen und urbanen Lebens ist wieder "in".
Hasso Brühl hat für seine Studie zahlreiche Menschen in mehreren Großstädten befragt. Überall ist die Einstellung zum Stadtwohnen ähnlich: Die Menschen fühlen sich wohl, weil sie soziale Kontakte zu Freunden oder Bekannten besser pflegen und Kino, Oper und Theater in wenigen Minuten statt Stunden erreichen können. Eine Vielzahl der Befragten gab sogar an, eher auf das Auto zu verzichten als der Innenstadt den Rücken zu kehren. Ein Großteil der Menschen, die heute am Stadtrand oder im Speckgürtel leben, wolle sogar wieder in die Stadt zurückkehren, so die difu-Studie.
Die Wohnpräferenzen der Stadtbürger sind dabei eindeutig. Sie möchten die Annehmlichkeiten der Stadt mit denen des Umlands verbinden. Zum Leben und Arbeiten bevorzugen die Stadtbewohner eine urbane, funktional und sozial gemischte Umgebung mit vielfältigen Milieus und differenzierten Wohnformen. Viel Grün und die Nähe zur Natur sind ihnen jedoch ebenso wichtig.
Das Einfamilienhaus als ideale Wohnform verliert an Bedeutung
Für den Soziologen Dr. Walter Siebel hängt der verstärkte Trend zum Stadtwohnen sowohl mit sozialen, als auch mit ökonomischen Gründen zusammen. "Der Wunsch nach dem Einfamilienhaus als ideale Wohnform ist eng verbunden mit einer familiären Lebensweise", erklärt er. Dass diese jedoch zunehmend an Bedeutung verliert, hänge zu einem großen Teil mit der veränderten Rolle der Frau zusammen.
Früher führte nur der Mann ein berufsorientiertes Leben. Er galt als Versorger der Familie, die Frau hingegen als Hüterin des traditionellen Haushalts und der Kinder. Sie war es, die dem Mann den Rücken von allen außerberuflichen Verpflichtungen frei hielt. Dieses traditionelle Model hat jedoch ausgedient. Denn auch Frauen führen zunehmend ein karriereorientiertes Leben und müssen Beruf, Familie und Haushalt unter einen Hut bringen. "Ein Balanceakt, der auf dem Land schwierig ist", sagt der Stadtsoziologe Hartmut Häusermann. Stadtwohnen gewinnt allerdings auch durch ökonomische Veränderungen an enormer Bedeutung.
Wohnen im Umland ist heute nicht mehr zwangsläufig preiswerter. Sind beide Elternteile berufstätig, benötigen sie in der Regel zwei Autos, um zur Arbeit und zum Einkaufen zu gelangen. Auch die Kinder müssen in die Schule oder in den Kindergarten gebracht werden. Mit Blick auf rasant steigende Benzinpreise, lange Anfahrtswege und Staus, wird Mobilität für Familien im Umland jedoch vermehrt zu einer teuren und schwierigen Herausforderung. "Das Familienleben ist zunehmend schwer zu organisieren, wenn man täglich eine Stunde im Stau steckt", bestätigt auch Hasso Brühl. (Mathias Uhlig)