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DIe "EXPO" des 19. Jahrhunderts im Leipziger Musikviertel

Leipzig, König-Albert-Park
Leipzig, König-Albert-Park

Ende des 19. Jahrhunderts schienen die Tage der ältesten deutschen Messe gezählt. Die Industrialisierung entwickelte sich stürmisch, doch die Leipziger Messe siechte dahin. Güter aller Art wurden in großen Stückzahlen direkt ab Werk verkauft oder als Warenmuster von Vertretern angeboten. Neue Erfindungen wie Telefon und Eisenbahn sorgten für schnellstmögliche Lieferung. Eine Austellung von Produkten war für viele Hersteller nicht mehr notwendig.

 

Als sich zudem Berlin anschickte, Leipzig den Titel der deutschen Reichsmesse streitig zu machen, ging ein Aufschrei durch Mitteldeutschland. Das offizielle Leipzig erwachte, Bürger und Unternehmer schloßen sich zu einer Interessensgemeinschaft zusammen. Anlässlich der 500-Jahrfeier der Verleihung des Messeprivilegs durch Kaiser Maximilian, das die Stadt Leipzig zur Reichsmesse erhob, sollte die Ausrichtung einer modernen Supermesse stattfinden. Konzeptionell war die Ausrichtung einer revolutionären Industriemesse geplant, um sich wieder Rang und Namen in Deutschland zu erwerben. Der Puls der Mustermesse hatte begonnen zu schlagen. Oft fehlten Käufern passende Vergleichsmöglichkeiten mit den Produkten anderer Herrsteller. Industrieausstellungen erschienen deshalb als gangbarer Weg,  Kaufinteressenten einen Überblick zu verschaffen.

Eine Super-Mustermesse, ein wahres Messefest, sollte von der organisatorischen und finanziellen Leistungsfähigkeit der Stadt ebenso künden, wie von der Leistungskraft Sachsens.Man bezog auch die Thüringischen (Sächsisch-Ernestinischen) Herzogtümer ein, um an das einst ungeteilte Kurfürstentum Sachsen zu erinnern. Und in der Tat erwies sich diese »EXPO« des 19. Jahrhunderts als Paukenschlag für die Zukunft der Stadt und ihrer Messe.

Messeplan von 1897 mit Beschriftung
Die "Expo" des 19. Jh. im König-Albert-Park (Heute Clara-Zetkin-Park)
Eingang zur Supermesse

Der Rat der Stadt stellte ein 400.000 qm großes Wiesengelände zwischen Marschner- und Karl-Tauchnitz-Straße, Klingerweg und Ferdinand-Lassalle-Straße (als Mittelpunkt des heutigen Musikviertels) zur Verfügung. Dass dieses stadtnahe, landschaftlich äußerst reizvolle Gelände ausgewählt worden war, trug wesentlich zum späteren Erfolg der Ausstellung bei.

Auf einer Brachlandschaft gestalteten namenhafte Architekten den König-Albert-Park, heutiger Clara-Zetkin-Park. Es entstanden Bereiche des modernen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens. Diese wurden in gärtnerische, historische und sogar exotische Idyllen gebettet, sodass neben der wirtschaftlichen Anziehungskraft auch hohe volkstümliche Unterhaltung gegeben war.

Die Gesamtkosten aus Spenden der Bürgerschaft (1,7 Mill. RM), dem Garantiefond der Stadt (250.000 RM) und Kosten für gärtnerische Anlagen und Brückenbauten (150.000 RM) beliefen sich auf etwa 2,1 Mill. Reichsmark. 4,2 Millionen Besucher zog die Ausstellung zwischen April und Oktober 1897 in ihren Bann, und Oberbürgermeister Dr. Georgi konstatierte in seiner Abschlussrede, dass sich der Aufschwung bereits anzeige und auch in Folge nicht ausbleiben werde.

Das Gelände: Der Haupteingang des Geländes wurde von zwei mächtigen weißen Pylonen und einem Fesselballon am Rondell des heutigen Anton-Bruckner-Platzes angezeigt. Daran schloss sich die Hauptachse, die König-Albert-Allee (heute Anton-Bruckner-Allee) an. Sie wurde flankiert von einer Vielzahl von Schauhallen und Vergnügungsstätten wie dem Varieté-Theater und hinter dem Flutkanal schließlich begrenzt von der 40.000 qm großen Industriehalle. Links neben der Industriehalle gab es ein "Thüringer Dörfchen" und rechts davon einen großen Rummelplatz. Hinter allem lag noch eine Maschinenhalle und ein Kesselhaus, denn die Ausstellung verfügte über ein eigenes Kraft- und Wasserwerk. Zwischen Flutkanal und dem Inselteich lag das Haupt-Café (Wiener Café) und am gegenüberliegendem Teichufer das Hauptrestaurant der Ausstellung. Am südlichen Ende des Teiches schloss sich das Kneipenviertel an.

Entlang der heutigen Ferdinand-Lassalle-Straße standen die Gartenhalle, die Textil- und Kunsthalle und eine Landwirtschaftshalle. Als besondere Attraktion gab es links neben dem Haupteingang an der Karl-Tauchnitz-Straße ein "Deutsch-Ostafrikanisches Dorf" mit 100 Bantuleuten und auf der rechten Seite an der heutigen Edvard-Grieg-Allee in Originalgröße das Alte Rathaus, den Naschmarkt und Auerbachshof. Das Ganze umkreiste hochmodern eine Elektrobahn. Am Abend erstrahlte alles in elektrischem Licht und die Fontänen der beiden Teiche boten ein unvergleichliches Farbenspiel. Einzig die beiden Teiche (der Inselteich und der Teich an der Bruckner-Allee) sowie die Sachsenbrücke erinnern heute noch an den großen Trubel. Dagegen bergen die kleine und die »Große Warze«, zwei Hügel, die nunmehr im Winter zum Rodeln genutzt werden, die Schuttreste einstiger Pracht.

Fulminant wurde die moderne Industrie- und Gewerbeausstellung vom Sachsenkönig Albert (1828-1902) mit Königin Carola eröffnet und beschlossen. Der König-Albert-Park (1899) wurde im Jahr 1955 zum Zentralen Kulturpark Clara-Zetkin-Park umbenannt.

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