Stadtwohnen. Zurück in die Stadt!
Die wahre Geschichte vom Mückenschlösschen
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts war August der Starke zweifelsohne der berühmteste Besucher der Leipziger Messe. Die ganze Stadt war auf den Beinen, wenn sich die kurfürstliche Garde, mit nicht selten 400 Kutschen und 2000 Pferden, dem Stadttor näherte. Für viele Bürger war die Ankunft des schillernden und kunstliebenden Herrschers der eigentliche Höhepunkt der Messe.
Um die Strapazen der Reise jedoch nicht bei jedem Besuch erneut auf sich nehmen zu müssen, entschied August der Starke, in Leipzig ein repräsentatives Lustschloss zu errichten. Einen scheinbar geeigneten Baugrund fand der Kurfürst im nahe gelegenen Rosental, in dem er ab 1707 Vermessungs- und Gartenarbeiten ausführen ließ. Jedoch stellte sich der Auenwald mit seinen sumpfigen Wiesen bald als völlig ungeeignet heraus. Das Lustschloss wurde zum Luftschloss. Hatte eine matschige Waldwiese dem starken August ein Schnippchen geschlagen?
Nun, der Leipziger Volksmund erzählt eine völlig andere Geschichte: Die Schneisen durch das Rosental waren bereits geschlagen, als August der Starke zur Besichtigung des Geländes in den nahe gelegen Stadtwald ritt. Plötzlich gerieten Pferd und Reiter in einen großen dunklen Mückenschwarm. Erschrocken bäumte sich das Ross auf. August fiel auf den harten Erdboden wie ein schwerer Stein. Diese Schmach war zu groß für ihn. Er erklärte dem Leipziger Stadtrat, in diesem „verdammten Mückennest“, wie er es nannte, doch kein Schloss mehr bauen zu wollen.
Die Stadtchronik hingegen bringt die Wahrheit ans Licht: Durch den Bau des Dresdner Zwingers, die Umrüstung seiner Armee und aufwendige Festlichkeiten war der sächsische Kurfürst an seine finanziellen Grenzen gestoßen. Nach seinem Willen sollten die 50.000 Taler für das Lustschloss aus dem Leipziger Stadtsäckel kommen, was die Stadt jedoch ablehnte.
Zehn Jahre lang wehrten sich die Stadtväter gegen die kurfürstlichen Pläne. Ihre Beharrlichkeit veranlasste August schließlich dazu, sein Vorhaben aufzugeben.
Noch heute sind in der historischen Parkanlage Rosental die sechs Sichtschneisen erkennbar, die August der Starke für das Schloss anlegen ließ.