Stadtwohnen. Zurück in die Stadt!
Bademöglichkeit für jedermann!
In den ersten Jahren nach dem Ersten Weltkrieg herrschte Wohnungsnot in Deutschland. Hohe Reparationszahlungen an die Siegermächte hatten das Geld knapp werden lassen. Die Bautätigkeit erreichte ihren absoluten Nullpunkt und die galoppierende Inflation ließ bei Bauherren keine Gedanken an luxuriöse Wohnungsausstattungen aufkommen. Vor dem Krieg lag der Wohnungsbau ausschließlich in den Händen profitorientierter privater Unternehmen, die ein eingebautes Badezimmer als unnötigen Kostenfaktor ansahen.
Später, in der Weimarer Republik, wurde der Bau von Wohnungen vermehrt von gemeinnützigen und sozial engagierten Unternehmen getragen. Diese Gesellschaften hatten es sich zum Ziel gesetzt, dringend benötigten Wohnraum mit hygienischen Verhältnissen zu schaffen. Trotzdem ließ sich das angestrebte Ideal, in jeder fertig gestellten Wohnung ein Bad einzurichten, aus Raum- und Kostengründen nur selten realisieren.
Galten gemeinsame Waschküchen in den ersten Nachkriegsjahren noch als Seltenheit, wurden schon in den 30ern ganze Mehrfamilienhäuser damit ausgestattet. In den Kellerräumen gab es nun auch immer häufiger Wasseranschlüsse und fest installierte Gussbadewannen mit Zylinderbadeofen. Die Hausgemeinschaft benutzte sowohl diese Baderäumlichkeit, als auch die Waschküchenbäder gemeinsam. Gebadet wurde nach Plan. Aufgrund der Sparsamkeit mussten mehrere Kinder im selben Wasser baden. Meist durfte das Jüngste beginnen.
Für die Hausfrau bedeuteten die gemeinschaftlich genutzten Waschräume eine große Erleichterung. Mussten sie das Badewasser doch nun nicht mehr in allen verfügbaren Töpfen und Kesseln auf dem Küchenherd zubereiten. Stattdessen konnten sie es jetzt mit einigen Holzscheiten im Waschzuber erhitzen. Die Wohnküche, als zentraler Lebensraum der Familie, blieb fortan von der samstäglichen Badeprozedur unbehelligt. Überlaufendes Wasser konnte nun keine Schäden mehr anrichten.
Im Gohliser Wohnhaus Renkwitzstraße 11 ist eine historische Badeinrichtung aus den 30er Jahren vollständig erhalten geblieben. Hier sind die Mühen, aber auch die Höhepunkte des alltäglichen Lebens dieser Zeit noch immer spürbar. Die einfache Ausstattung des Bades mit seinen zahlreichen handwerklichen Details ist sehenswert. Heute steht es unter Denkmalschutz und soll der Nachwelt in seinem ursprünglichen Zustand erhalten bleiben. JH/MU